BMF-Schreiben zur Ukraine-Hilfe

Anlässlich des Krieges in der Ukraine hat die Finanzverwaltung zur Förderung und Anerkennung des gesamtgesellschaftlichen Engagements der Bürgerinnen und Bürger und auch von Unternehmen mit Datum vom 17.03.2022 eine Verwaltungsanweisung erlassen, die zahlreiche Billigkeitsregelungen für Maßnahmen vom 24.02.2022 bis zum 31.12.2022 vorsieht.

Die Maßnahmen sind vielfältig und betreffen die Bereiche der Ertrags-, der Verkehrs- und der Substanzsteuern. Das IDW fasst die wichtigsten Regelungen für Unternehmen, Privatpersonen und steuerbegünstigte Körperschaften nachfolgend zusammen.

I. Maßnahmen für Unternehmen und Privatpersonen

a. Vereinfachter Nachweis steuerbegünstigter Zuwendungen

Statt einer Zuwendungsbestätigung genügt bei Spenden für die Unterstützung der vom Krieg Geschädigten die Einzahlung auf einem eingerichteten Sonderkonto als entsprechender Nachweis. Diese Sonderkonten können von einer

  • inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts,
  • einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder
  • einem inländischen, amtlich anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen

eingerichtet werden.

Letzteres gestaltet sich aktuell jedoch schwierig. Bis zur Einrichtung eines Sonderkontos kann die Einzahlung auf einem anderen Konto des Zuwendungsempfängers erfolgen. Als Nachweis genügt der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstitutes (z. B. der Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking). Sonderregelungen bei der Nachweisführung bestehen bei Zuwendungen, die auf ein Treuhandkonto oder ein Konto eines Dritten geleistet werden (Zuwendungsbestätigung nach § 50 Abs. 5 EStDV erforderlich, ein vereinfachter Zuwendungsnachweis ist nicht ausreichend, ggf. Zahlungsbelege). Keine Erleichterungen enthalt das BMF-Schreiben jedoch für Direktspenden von Privatpersonen an Empfänger in die Ukraine. Spenden an ukrainische, gemeinnützige Organisationen können damit weiterhin nicht als Sonderausgaben gem. § 10b Abs. 1 EStG abgezogen werden.

b. Arbeitslohnspende oder Verzicht auf Aufsichtsratsvergütung

Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens

  • zugunsten einer steuerfreien Beihilfe und Unterstützung des Arbeitgebers an vom Krieg in der Ukraine geschädigte Arbeitnehmer des Unternehmens (auch: verbundene Unternehmen i. S. d. § 15 AktG) oder Arbeitnehmer von Geschäftspartnern oder
  • zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung i. S. d. § 10b Abs. 1 Satz 2 EStG

bleiben diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert. Entsprechende Aufzeichnungen im Lohnkonto sind vorzunehmen bzw. Bestätigungen des Arbeitnehmers einzuholen. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG) anzugeben. (Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen in der Einkommensteuerveranlagung nicht als Spende berücksichtigt werden.)

Entsprechendes gilt für den Verzicht eines Aufsichtsratsmitglieds auf Teile seiner Aufsichtsratsvergütung vor Fälligkeit oder Auszahlung. Da es sich auf Seiten der Gesellschaft gleichwohl um Aufsichtsratsvergütungen und nicht um Spenden handelt, bleibt die Anwendung des § 10 Nr. 4 KStG unberührt.

c. Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen / Sponsoring

Aufwendungen aus Sponsoring durch einen Steuerpflichtigen sind Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige wirtschaftliche Vorteile für sein Unternehmen erstrebt und öffentlichkeitswirksam (z. B. auf Bitte um Unterstützung durch die Gemeinde, durch Berichterstattung in Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen, Internet usw.) auf seine Leistungen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine aufmerksam macht.

d. Schenkungen

Handelt es sich bei den Zuwendungen um Schenkungen, können Steuerbefreiungen nach § 13 ErbStG (bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen) gewährt werden.

e. Umsatzsteuerliche Konsequenzen aus der unentgeltlichen Überlassung von Wohnraum - auch bei Unternehmen der öffentlichen Hand

Werden Räumlichkeiten unentgeltlich an Ukraine-Flüchtlinge zur Verfügung gestellt, die sonst für umsatzsteuerpflichtige Zwecke verwendet werden, wird sowohl von einer Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a UStG als auch von einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG abgesehen.

Für den Bezug von Nebenleistungen (Strom, Wasser o. ä.) für die unentgeltliche Beherbergung durch den Unternehmer wird (unter den Voraussetzungen des § 15 UStG) gleichwohl ein Vorsteuerabzug gewährt.

Auch bei Nutzungsänderungen von Räumlichkeiten von Unternehmen der öffentlichen Hand (auch von in privater Rechtsform betriebenen) wird durch die Finanzverwaltung aus Gründen der sachlichen Billigkeit (§ 163 AO) unter der Voraussetzung, dass die unentgeltliche Nutzung der Bewältigung der Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine dient, von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a UStG und einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG abgesehen. Gleichwohl wird ein Vorsteuerabzug (unter den Voraussetzungen des § 15 UStG) auf laufende Kosten gewährt.

II. Darüberhinausgehende Maßnahmen für steuerbegünstige Körperschaften


a. Kein Verlust der Gemeinnützigkeit bei Durchführung einer Spendenaktion


Einer steuerbegünstigten Körperschaft ist es grundsätzlich nicht erlaubt, Mittel für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden, die sie nach ihrer Satzung nicht fördert (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO). Die Finanzverwaltung stellt nun fest, dass die Durchführung einer nicht dem Satzungszweck entsprechenden Spendenaktion für die Steuerbegünstigung der Körperschaft unschädlich ist. In entsprechender Anwendung der Nr. 12 des AEAO zu § 53 AO kann bei vom Krieg in der Ukraine Geschädigten auf den Nachweis der Hilfebedürftigkeit verzichtet werden.

Gleichsam unschädlich sind das Sammeln und Weiterleiten von Spenden. Entsprechende Zuwendungsbestätigungen für Spenden sind durch die Körperschaft zu bescheinigen. Auf die Sonderaktion ist in der Zuwendungsbestätigung hinzuweisen.

b. Kein Verlust der Gemeinnützigkeit bei Verwendung eigener Mittel

Ebenfalls unschädlich für die Qualifikation als steuerbegünstige Körperschaft ist die Verwendung eigener bzw. sonstiger bei ihr vorhandener Mittel, die keiner anderweitigen Bindungswirkung unterliegen und zur unmittelbaren Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten eingesetzt werden. Eine Satzungsänderung ist nicht erforderlich. Gleiches gilt für die Überlassung von Personal und von Räumlichkeiten. Auch hier kann auf den Nachweis der Hilfebedürftigkeit (AEAO zu § 53 AO, Nr. 12) verzichtet werden.

c. Vorübergehende Unterbringung von Kriegsflüchtlingen

… durch eine gemeinnützige, nicht staatliche Organisation

Die Finanzverwaltung stellt klar, dass auch die Unterbringung von Kriegsflüchtlingen in Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen (§ 68 Nr. 1 Buchst. c AO) Zweckbetriebe sind. Wendet die Körperschaft (ohnehin) für ihre Leistungen besondere steuerliche Vorschriften an, wie etwa die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 18, 23 bzw. 24 UStG oder die Umsatzsteuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG, sind diese auch auf (vorübergehende) Unterbringungsleistungen an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine anzuwenden.

Voraussetzung ist, dass die Steuerbefreiung bereits auf vergleichbare Leistungen der jeweiligen Einrichtung an andere Leistungsempfänger (z. B. Obdachlose) Anwendung findet und die Entgelte für die Leistungen aus öffentlichen Kassen oder von anderen steuerbegünstigten Körperschaften stammen.

… entgeltlich durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts

Erfolgt die vorübergehende Unterbringung entgeltlich durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts, sind entsprechende Leistungen ohne Prüfung, ob ein Betrieb gewerblicher Art (BgA) vorliegt, ihrem hoheitlichen Bereich zuzuordnen.

Ist die Einrichtung ohnehin deren BgA zugeordnet, richtet sich die steuerliche Behandlung grundsätzlich nach den allgemeinen steuerlichen Vorschriften. Ist der BgA seinerseits steuerbegünstigt, sind die obigen Ausführungen zur vorübergehenden Unterbringung zu beachten.

Gehört die zur Unterbringung genutzte Einrichtung des BgA dessen Betriebsvermögen an, wird aus Billigkeitsgründen keine gewinnwirksame Überführung ins Hoheitsvermögen angenommen. Der BgA wird somit nicht aufgegeben.

Bis zur (Wieder-) Nutzung der Unterbringungsmöglichkeit zu ihrem ursprünglichen Zweck ist das Einkommen des BgA damit (insoweit) mit Null anzusetzen. Darüber hinaus soll ein tatsächlicher Verlustausgleich des BgA durch die juristische Person des öffentlichen Rechts für diese Zeitspanne nicht als Zugang zum steuerlichen Einlagekonto behandelt werden und es wird auch kein Steuertatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG realisiert.

d. Umsatzsteuerliche Konsequenzen aus der Unterbringung von Flüchtlingen

Ist eine Körperschaft i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbegünstigt und stellt diese entgeltlich Personal, Räumlichkeiten, Sachmittel oder andere Leistungen zur Verfügung, die zur Milderung der Folgen des Krieges in der Ukraine notwendig sind, dürfen diese Leistungen unabhängig von der konkreten Zweckbestimmung der Körperschaft sowohl ertragsteuerlich als auch umsatzsteuerlich dem Zweckbetrieb i. S. d. § 65 AO zugeordnet werden.

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