Eingabe des IDW zur Abschreibung sog. digitaler Wirtschaftsgüter

Am 22.02.2022 wurde (überraschend) ein geändertes BMF-Schreiben zur Nutzungsdauer von Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung veröffentlicht. Dieses Schreiben ersetzt das ursprüngliche Schreiben vom 26.02.2021 und gilt ebenfalls mit Wirkung für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 enden. Das IDW hat zum geänderten BMF-Schreiben Stellung genommen.

Auch wenn die ergänzenden Formulierungen (in den Tz. 1.1 bis 1.4 des geänderten BMF-Schreibens) erkennbar auf eine Absicherung der Rechtsanwendung gerichtet sind, sind diese nach unserer Auffassung jedoch überwiegend nicht geeignet, den Steuerpflichtigen mehr Rechtssicherheit für die bilanzielle Behandlung der in den sachlichen Anwendungsbereich fallenden Investitionen zu geben. Vor allem für bilanzierende Steuerpflichtige (§§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 Abs. 1 EStG) wurden Rechtsanwendungsrisiken begründet. Wir gehen weiterhin davon aus, dass die steuerliche Fiktion einer Nutzungsdauer von nur einem Jahr grundsätzlich nicht der Bemessung der handelsrechtlichen Abschreibung digitaler Vermögensgegenstände zugrunde gelegt werden kann (sondern diese über ihre jeweilige tatsächliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben sind). Der Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) hatte sich am 22.03.2021 in Form einer Berichterstattung über eine außerordentliche Sitzung vom 16.03.2021 (und inhaltlich gleichlautend zudem im Fachlichen Hinweis "Zweifelsfragen zu den Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus auf die Rechnungslegung und deren Prüfung (Teil 3)") dazu geäußert, welche Auswirkungen von dem damaligen BMF-Schreiben aus 2021 auf die handelsrechtliche Bilanzierung ausgehen. Aufgrund der neuen Tz. 1.1 wurde eine Anpassung der ursprünglichen Veröffentlichung erforderlich, diese wird zeitnah erscheinen.

Positiv bewerten wir die ergänzte Nichtbeanstandungsregelung in Tz. 1.4, wonach auch eine sofortige Abschreibung (in voller Höhe) im Jahr der Anschaffung oder Herstellung der begünstigten Wirtschaftsgüter möglich ist. Unklar bleibt in diesem Zusammenhang jedoch zum einen, wie die ergänzte Feststellung in Tz. 1.1, dass die lineare Abschreibung gemäß § 7 Abs. 1 EStG auch weiterhin zur Anwendung komme, mit dem entgegenstehenden Gesetzeswortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG zu vereinbaren ist, nach dem die Abschreibungsvorschriften erst bei einer Nutzungsdauer von "mehr als einem Jahr" zur Anwendung kommen. Zum anderen steht die Auffassung des BMF, wonach grundsätzlich "pro rata temporis" gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG abzuschreiben sein soll, im Widerspruch zur Rechtsprechung des BFH. Das Gericht hat in seinem Urteil vom 26.08.1993 (IV R 127/91, BStBl. 1994 II, S. 232) entschieden, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von "kurzlebigen Wirtschaftsgütern", d.h. Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, deren Nutzungsdauer zwölf Monate nicht übersteigt, auch dann in voller Höhe im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung abzuziehen sind, wenn sie in der zweiten Hälfte des Wirtschaftsjahres angeschafft oder hergestellt werden und ihre Nutzungsdauer über den Bilanzstichtag hinausreicht.

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